Montag, September 25, 2006

Neue Clowns braucht das Land!

Lange hat es gedauert, bis ich meine Drohung wahrgemacht habe, mich hier über "Mode" auszulassen, wobei ich erstens völlig unbedarft davon bin und zweitens diesen Begriff aus reiner Konvention führe, man könnte auch die Langfassung "die unmöglichen und unfaßbar grotesken Anziehsachen der jungen Leute" dazu sagen. Lange ist's her, doch nun bin ich so überladen mit angestautem „What the fuck?!“ (wie der Angelsachse gelegentlich seiner entsetzten Überraschung Ausdruck verleiht), daß es mitgeteilt (und mitgelitten) werden muß. Es soll also über Bekleidungsgewohnheiten sich ereifert werden:
Bei meinen alltäglichen Verrichtungsgängen in der Stadt, aber auch an anderen Stätten, wo man vornehmlich junger Menschen angesichtig werden darf, fiel mir die allgegenwärtige Bizarrerie der Bekleidung auf. Anmerkung: die Besonderheiten der Hip Hops-„Bekleidung“, die weiß Gott einer harschen Geißelung bedürfen, werde ich mir im Rahmen eines eigenen, wohlverdienten Traktates vornehmen.
Weiters setzt sich jetzt offenbar ein „Trend“ durch, der die Betroffenen zwingt, auf jedem (!) Kleidungsstück diese völlig grotesken Malerrollenstreifen aufzutragen. Es sieht aus, als ob jemand mit einer Malerrolle die Hosenbeine oder Ärmel etc. auf uns abgegangen wäre. Ob Rock, Hose oder Jacke – überall sind diese nutzlosen und häßlichen Streifen, die überhaupt und gar keinem Zweck dienen (außer dem, abstoßend zu sein), aufgedruckt, was sogar soweit geht, daß es kaum noch unbesudelte Produkte zu erwerben gibt.
Dann gibt es, vor allem bei einigen Weibchen, diese vollkommen irrwitzigen Beinkleider zu bestaunen, welche eine Unzahl überdimensionierter Taschen, in denen bequem ein Medizinball Platz findet und – noch grotesker – eine titanische Beflaggung, bestehend aus aus den Taschenklappen entspringenden, meterlangen Bändern und Schlaufen, aufweisen. Gerne sind die Beinkleider zu allem Überfluß in das gerne tarnfarbene also camouflierte (?) Stiefelwerk gestopft, zwecks dämlichen Aussehens, wie ich vermute.
Zu den Blödsack-Kopfbedeckungen als nächsten Punkt gesellt sich bei der Damenwelt noch die „Batschkapp“: Ein gerne cordenes, monströs häßliches Ungetüm mit enganliegendem Mützensaum und sackartig aufgeblähtem, darüber festgepapptem Stoffwindbeutel, den viel zu kleinen Mützenschirm zur Seite gedreht, um seinen Zweck zu minimieren. Ich finde es immer wieder sehr ironisch, daß sich die offenbar ausschließlich auf ihr Äußeres bedachten Trägerinnen (gern mit Glitter überall) nicht bewußt sind, daß solche ähem „Hüte“ nicht seeehr hübsch sind.
Es ließe sich endlos fortfahren und man kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr hinaus, aber man gewöhnt sich irgendwie daran, wie an kaputte Clowns in der Fußgängerpassage. Was mich unlängst jedoch wirklich in Ekstase und gleichsam eine Mischung von Entsetzen und Ekel versetzt hat, war mein zufälliger Blick auf die Models einer aktuellen Haute-Couture-Modeschau in Paris. Man muß es selbst gesehen haben, um zu wissen, daß ich gleich beim Versuch Unglaubliches zu beschreiben, das gesehene nur unzulänglich wiedergeben kann. Ich stelle hier eine Vermutung dar, wie es zu einigen der äh, ja, „Bekleidungssituationen“ gekommen sein muß: Zuerst wurde eine Stoffsammlung erstellt, darunter ein, zwei Teile aus dem Erste Hilfe Container (so Cord und olles, speckiges Leder), ordentlich Tüll, Spitze, Jummi, Plaste, und Klarsichtfolie. Das alles kommt in einen Industriemixer, dazu ne Handvoll so Metallglitzertand und ne halbe Tube von dieser Glitterschmiere und wird ordentlich durchgedreht. Zum Schluß kommt ein viertel Liter Tapetenkleister dazu und es wird wieder korrekt gerührt. Das Model ist inzwischen nackert und steht, mit Teigschüsseln vor den Möpsen, vor einem Industrieventilator auf einer Drehscheibe. Wenn die Stoff-Leim-Mischung fertig ist, schaltet ein „Designer“ den Ventilator und die Drehscheibe an und wirft händchenweise die Mischung in den Luftstrom. Das Zeug klatscht auf das Model, pappt fest und die Prozedur wird solange fortgeführt, bis die Perle eingekleidet ist (die Dauer richtet sich nach Jahreszeit, im Winter braucht man ja was mehr, gelle?). Am Ende nimmt sie die Teigschüsseln ab, weil die Frauen ja immer barbusig auf den Modenschauen rumlaufen (warum, weiß man nicht, aber ich warte immer darauf, daß solche Plünnen dann auch Omma Bölke von nebenan mal trägt) und gut is’.
Und nun stellt sich doch die Frage: wer, welches kranke und kaputte Hirn denkt sich so was aus? Hier meine Theorie: es gibt eine Verschwörung der Kleidermacher (oder Modeschöpfer, wie die Herren bzw. Männeken genannt werden möchten). Jedes Jahr treffen sie sich bei einem von denen daheim, um neue Ideen für die „créative Collection“ (französisch auszusprechen, si vous voulez) zu erarbeiten, so die offizielle Bezeichnung. Entwürdigung, Demütigung und Preisgabe der Lächerlichkeit einem jeden Fashion-Zombie (Euphemismus: Modebewußte) ist der eigentliche Zweck der diabolischen Konvention. Das sieht in der Praxis so aus: Die Kleidermacher treffen sich also, saufen sich die Hucke voll, hauen sich Speed, Pilze, Crack, LSD und Koks rein, bis die Lampe brennt und onanieren gemeinschaftlich, wobei laut abwechslend Free Jazz, Edith Piaff und die Egerländer Arschgesichter gespielt werden. Dabei kommen Ihnen dann Ideen für neue Modetrends, die sie aufschreiben und sammeln. Wenn sie wieder klar sind, suchen sie von den gesammelten Vorschlägen die abartigst durchgeknalltesten, absolut bescheuertsten, irrwitzigsten und definitiv am meisten an den Sackhaaren herbeigezogenen aus, machen sich vor Vorfreude erst mal naß vor Lachen und zwingen dann die indischen Kinder und sonstigen Lakeien, die Scheiße zusammenzunähen.
Man mag sich mal gefragt haben, warum die Jungs immer nur in schlichten schwarzen Anzügen auftreten? Die lachen über ihre Opfer! Die lachen sich tot in ihren Villen, wenn sie im Fernsehen die ganzen Opfer sehen, die Unsummen für diese Malerrollenbuchsen oder ähnliche Narrentracht verprassen und auch noch denken, sie sähen nicht bekackt damit aus. Und ich kann es verstehen, wenn ich schwul, irre, narzissitisch und bis zum Gehtnichtmehr gelangweilt und "jaded" wäre, wäre ich auch Kleidermacher!

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