Mittwoch, Dezember 20, 2006

Willkommen im Mittelalter, willkommen in Libyen!

Diese Leute sind nicht zu retten! Und damit meine ich diese Wahnsinnigen, die sechs unschuldige Menschen zum Tode verurteilt haben, denen vorgeworfen wird, 426 Kinder absichtlich mit HIV infiziert zu haben - wider besseres Wissen und wider alle Evidenz, die sogar in nature veröffentlicht wurde. Dort heißt es:
They showed that the strain of HIV with which the children had been infected was already present and spreading locally in the mid-1990s, long before the medics arrived in Libya in 1998.
Es wurde also eindeutig gezeigt, daß der Virusstamm, der die Kinder infiziert hat, bereits lange vor der Ankunft der Angeklagten präsent war. An diesem lächerlichen, menschenverachtenden Schautribunal perlt jede Kritik, jedes Argument und die gesamte, erdrückende Beweislast, die die unabhängige, internationale Wissenschaft zur Entlastung der Unschuldigen zusammengetragen hat, wirklungslos ab, ja wurde nicht einmal für den Prozess zugelassen. Wir haben es daher also wirklich mit einem Hexenprozess zu tun, bei dem das Urteil schon vor Beginn feststand und der der Irreführung und Blendung der Bevölkerung dient, um von der eigentlichen Ursache, den katastrophalen hygienischen Zuständen in dem betroffenen Krankenhaus, abzulenken und für die grauenhafte Zahl von 426 HIV-positiven Kinder einen Sündenbock zu finden. Landesübliche Propaganda und Zensur sorgt dann noch für einen entsprechend aufgepeitschten und falsch informierten Mob, der die Unschuldigen tot sehen will.
Wer aber hat einen Nutzen von dieser Farce? Libyen bzw. al-Gaddafi müssen doch wissen, daß nach dieser Nummer niemand mehr auch nur noch eine Hand für Libyen rührt. Ausländische Ärzte, Wissenschaftler und andere Helfer werden fluchtartig das Land verlassen, wahrscheinlich wird es Sanktionen geben, man wird dieses rückständige Land sich selbst überlassen auf seinem Rückweg ins finstere Mittelalter. Was also verspricht sich Gaddafi davon, die Unschuldigen im letzten Moment doch noch zu begnadigen, wovon ich ausgehe? Oder anders gefragt: wieviel Dollar pro (Kinder)Kopf wird er fordern, damit diese Leute, die die Tripoli-6 genannt werden, doch nicht ermordet werden?
Wie es auch ausgeht, ich hoffe, daß Libyen für diese Ungeheuerlichkeit bezahlen muß, daß man sich von diesem Land abwendet und es in seiner selbst gewählten Voraufklärungs-Unmündigkeit mit seinem Terror-Despoten verrotten und in der Unbedeutsamkeit versinken läßt.

Donnerstag, Dezember 14, 2006

Ich will hier weg!

Ich verstehe dieses Land nicht und erst recht nicht seine Politiker. Wir leben in einer paradoxen Bizarrwelt wo jeden Tag neue Irrsinnigkeiten ausgebrütet werden, die jedem Normalen und vor allem Aussenstehenden wie die Schalkereien von Geisteskranken anmuten müssen.
So werden hier, immer im "Interesse und zum Wohle des Bürgers" natürlich, die Raucher und ihr putziges kleines Lasterchen wie eine vom Aussterben bedrohte Spezies geschützt, man bietet ihnen hier gegen das kalte, rauchfreie Europa ein letztes Refugium, wo sie noch menschenwürdig und aufrichtig sich und andere vergiften und krankmachen dürfen.

Im gleichen Land aber, das sich offiziell säkularisiert nennt, verkrüppelt man die wissenschaftliche Freiheit bei der Stammzellforschung wie in kaum einem anderen Land. Überall auf der Welt wird mit diesen Zellen gearbeitet und daran geforscht, man verspricht sich Bahnbrechendes, doch der Rückstand von Deutschland beträgt sicher bereits 10-20 Jahre und ein Aufholen dieser Lücke scheint in weite Ferne gerückt. Man geht sogar soweit, daß man deutsche Forscher, die im Ausland nach dortigem Landesgesetz völlig legale Forschungsprojekte durchführen, in Deutschland wie Verbrecher behandelt und sogar mit Gefängnisstrafe bedroht, was dazu führt, daß auch im Ausland forschende Deutsche an solche Projekte nicht herangelassen werden, aus Sorge, sie könnten in ihrem wissenschaftsfeindlichen, scheinheiligen und heuchlerischen Lobbybuckler-Heimatland D bei Rückkehr eingekerkert werden. Das muß man sich mal vorstellen!
Unlängst versetzte nun auch das Deutsche Patentgericht, ausgerechnet auf Betreiben der Öko-Geiferer und Fortschrittsfeinde von Greenpeace, dem Forschungsgebiet einen weiteren schweren Schlag, indem es dem Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle, der sich vor fehlgeleiteten Öko-Fanatikern mit Leibwächtern schützen muß, ein Patent auf aus menschlichen Embryonen gewonnene Stammzellininen entzog. Dieses Urteil wurde im Zuge des Aufrufs der DFG, doch endlich die Restriktionen in der Stammzellforschung zu lockern, angestrengt und erfolgte prompt.
Diese Entwicklung wird international mit Besorgnis und Kopfschütteln registriert, man versteht nicht, warum Deutschland hier seine Kapazitäten so schändlich versanden läßt und seine Forscher als Verbrecher darstellt und so übel behandelt, daß diese nur Reißaus nehmen können.
So heißt es dazu in nature (Ausgabe 444, 2006):
A German court has revoked a patent on a method for generating a class of human embryonic stem cells. The 5 December ruling is seen as yet another setback for stem-cell research in a nation where it is already constrained by tight regulation.
Brüstle reagiert mit Verärgerung und Unverständnis, vor allem, weil die Begründung des verfehlten Urteils enthielt, daß sein Patent "gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten" verstoße. Brüstle werde das Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht anfechten...

Und jetzt zur Paradoxie: in diesem Land legt man einer Forschungsrichtung Fesseln an, die das Potential hat, einen enormen Nutzen für alle Menschen zu erbringen, Leid, Krankheit und Tod zu verhindern und die niemandem schadet. Was spricht dagegen, überzählige Embryonen, die bei einer künstlichen Befruchtung übrig bleiben, der Stammzellforschung zur Verfügung zu stellen, statt sie zu "verwerfen" (wie man 'vernichten' beschönigt)?!? Diese Mehrzellstadien einer befruchteten Eizelle haben nichts (!) mit einem Menschen zu tun, geschweige denn ist ihnen eine Würde zuzusprechen. Man kann sie ja nicht mal von vielen Tiergegenstücken unterscheiden oder auch nur ohne Mikroskop sehen. Es geht also nicht um wissenschaftliche Kriterien sondern mal wieder um das arme Herz-Jesulein, denn in der Bibel Vers bla Kapitel sülz steht ja schließlich: "Und so sprach der Herr: Embryonen im Mehrzellstadium sind vollwertige Menschen und haben eine eigene Würde. Man gestatte nicht, sie der Stammzellforschung zu überantworten. Wer es aber tut, der soll mit Knüppeln erschlagen werden. Und es ward großes Frohlocken." Nicht wahr? Es sind sind die religiösen Heulsusen, die trotz ihrer unwissenschaftlichen und nicht objektiven Argumentation offenbar soviel Einfluß ausüben können, daß dies in der Wissenschaftspolitik schmerzhaft bemerkbar wird.
Nicht beachtet oder gar geschützt wird in diesem schönen Land aber eine große Bevölkerungsgruppe, die täglich von einer Minderheit geschädigt und in ihren Grundrechten empflindlich eingeschränkt wird. Man schützt irgendwelche amorphen Zellklumpen mehr, als die Passivraucher, ausgewachsene Menschen mit jeder Menge Würde, die das Laster anderer jedes Jahr mit 3300 (!!) Toten bezahlen müssen. Wo bleiben da die Pfaffen, Ratzepoop und Konsorten, hmm? Was ist mit der Würde der Passivraucher? Und was gar mit den heiligen Embryonen, die durch Passivrauch ja auch geschädigt werden? Das geht dann schon in Ordnung, gelle? Ist was völlig anderes, nicht wahr? Kann man nicht vergleichen, richtig?
Es geht doch in Wirklichkeit gar nicht um die geradezu königlich-würdigen Embryonen, richtig? Es ist die alte Fehde gegen die Wissenschaft, das Wissen, die Aufklärung, die Emanzipation der Menschen und deren Mündigkeit! Mit jedem revolutionären Schritt, den die Wissenschaft tut, wird der mit Zähnen und Klauen verteidigte Himmel der Kleriker kleiner und leerer, der Platz für einen Gott enger, die Rechtfertigungsgesuche drängender. Mit Moral und Ethik hat diese Debatte lange nichts mehr zu tun. Sie ist nur eine weitere schändliche Manifestation der Tradition der Heuchelei, die die Kirche ja seit Jahrhunderten wie niemand sonst perfektioniert hat (z.B. wird man kirchlicherseits nicht müde, im Zuge der Embryonenverwertung auf die "dunkle Vergangenheit des dritten Reiches" zu verweisen, wo sich gerade die Kirchen nicht mit Ruhm bekleckert haben). Und die an der Debatte und den Entscheidungen beteiligten Politiker leiten ihre Moralvorstellungen oftmals aus christilichen Dogmen ab, deren Interpretation sie sich von den obersten Einpeitschern vorschüsseln lassen, wobei sich letztere natürlich nicht entdreisten, eine aktuelle moralische Richtlinie für den Umgang mit Embryonen und Stammzellen ausgerechnet aus der Bibel ableiten zu können behaupten, einem Märchenbuch, zu dessen Verfassungszeit man diese Dinge nicht einmal im Ansatz ahnte.

Fazit: Langsam langweilen mich meine eigenen Fazits, weil es immer wieder darauf hinausläuft, daß wir hier in einer grotesken Bananrepublik sitzen, die mit all ihren absurden Gesetzen, ihrer kafkaesken Bürokratie, ihrer vernagelten Kurzsichtigkeit und Ignoranz und ihrem bigotten Kleinkleinbürgertum einfach unerträglich geworden ist und aus der ich dennoch noch nicht fliehen kann.
Sollte ich eines Tages eine Dankesrede halten, zahle ich es Dir zurück, Deutschland! Ich werde sagen: "Dies alles hätte ich nie ohne meine Eltern geschafft, aber ohne Deutschland dafür 10 Jahre früher!"

Mittwoch, Dezember 13, 2006

Abstimmen für Pharyngula!



oder auch:

hypno_pharyngula.jpg
Stimmt für Pharyngula!

Nachtrag vom 20.12.: Es hat geklappt, PZ hat gewonnen und Pharyngula ist bestes Science-Blog 2006!

Montag, Dezember 11, 2006

Es war SO klar....

und ich sagte in dräuender Vorahnung noch: ich glaube es erst, wenn.....! Es wäre zu schön, zu "undeutsch" gewesen, um wahr zu sein: der erste echte Schritt Richtung Normalität, Rauchverbot in Restaurants und Diskotheken per Gesetz, endlich Schutz eines der fundamentalsten Grundrechte. Ich hatte noch gar nicht richtig angefangen, mich zu freuen, als auch schon mit deutschgründlicher Präszision wieder der Todesstoß für das langersehnte Gesetz versetzt wurde, bezeichnet als "verfassungsrechtliche Bedenken, was die Zuständigkeit des Bundes angeht".
Ich kann gar nicht soviel essen, wie ich bei dieser Ausrede schon wieder über die Politik, dieses feige, kriechende Gewürm kotzen muß!!! Was SOLL das? Ein Gesetz erst und als so ziemlich letztes europäisches Land vorschlagen, dann in der Koalition, zu einer halbherzigen Kompromisskonstruktion zusammengestutzt, bestätigen und es schließlich wegen fadenscheiniger blabla-Bedenken, auf die man vorher natürlich nicht gekommen ist, gleich wieder in die Tonne zu treten?! Scheiß auf die Länder! Scheiß auf diesen verfluchten Föderalismus, der nur Ärger und bürokratischen Horror einbringt. Jetzt hat die Tabaklobby 16 mal Gelegenheit, das Gesetz zu verhindern, aufzuweichen, zu pervertieren oder sonstwie ad absurdum zu führen, die Länder sind jetzt schon einig in Uneinigkeit und wie ich mein Glück und diese Tabakgangster in NRW kenne, werden wir hier auch in den nächsten 100 Jahren nicht vor der Pest von Zigarettenrauch geschützt werden. D. als Aschenbecher Europas!
Dabei ist natürlich die Zuständigkeit des Bundes noch nicht einmal fraglich. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages stellte nach seiner Anrufung klar,
daß es zumindest nach Art. 74 Nr.19, Art. 72 des Grundgesetzes Sache des Bundes ist ,Maßnahmen zur Vorbeugung gegen gemeingefährliche Krankheiten (Krebs) und über den Umgang mit Giften (Nikotin etc.)' zu treffen
wie hier nachzulesen ist. Es handelt sich bei dem Versuch, die Zuständigkeit des Bundes in Zweifel zu ziehen, um nichts anderes, als einen unlauteren, juristischen Winkelzug der Tabaklobby und deren Darmbewohner (auch bekannt als gut geschmierte Bundestagsabgeordnete). Wir werden also wieder einmal Zeuge der Versklavung eines ganzen Landes durch die verbrecherische Vereiniung von wenigen, die mit dem Geld der Idioten und Suchtkranken alle Normalen unter das Krebsjoch zwingen wollen, um sich selbst das Leben in rauchfreien Inselparadiesen zu finanzieren. Wie gehabt bleibt es bei der Mißachtung unserer Grundrechte, warum ändern, was funktioniert?
Das Zitat aus diesem Artikel ist ein gutes und trauriges Fazit:
Da wieder einmal juristische Scheingründe gegen zwingend notwendige Regeln vorgeschoben wurden, käme es besonders darauf an, dass unter der Unzahl von Juristen in öffentlicher Funktion mal Einige diese Machenschaften anprangerten. Aber das System scheint bereits “dicht” zu sein – oder es glaubt keiner mehr an ehrliche Politik.
Wenn "ehrliche Politik" nicht ohnehin ein Oxymoron wäre...

Ach, es ist einfach zum Heulen und kommt auf einen der drei oberen Plätze meiner "1000-Gute-Gründe-endlich-auszuwandern-Liste", noch vor die GEZ, aber hinter die Wissenschaftspolitik.

P.S.: Und was ist eigentlich mit Brüssel? Jetzt, da D. wieder zahlungsfähig ist, schaut man nicht mehr so genau hin, oder was? Wo bleibt denn die Peitsche?