Mittwoch, März 02, 2011

Deine Mutter ist ein Stück weit betroffen!

Ich möchte heute über ein betroffen machendes Phänomen berichten und mich gleichzeitig mit meiner Kollegin Frau Pusch solidarisch erklären, die sich bereits dazu äußerte: den Mutterwitz. Und nein, damit ist nicht die gemeinhin unter "Mutterwitz" verstandene, stetig vorhandene Fähigkeit, Sachverhalte schnell zu begreifen, zu beurteilen und auf solche zu reagieren, also kluge Gewitztheit, gemeint, sondern die bei männlichen Jugendlichen, die in der Fachsprache als "Bürschchen" bezeichnet werden, neuerdings sehr beliebte Verbaliniurie, die sich in schmähender, herabsetzender und/oder verleumderischer aber angeblich "witzig" gemeinter Art gegen meine und Ihre Frau Mama richtet!!

Frau Pusch berichtet:
Vor ein paar Tagen schrieb mir meine Freundin Marlis:
Ich hab heute meinen Augen nicht getraut - Feuilleton ZEIT Nr.3, 13.1.11, S.37; ein Artikel von Peter Kümmel über die Witzkultur der Jugendlichen (=Bürschlein, wie sich am Ende herausstellt). Es geht um die sog. Mutter-Witze, über deren extreme Frauenfeindlichkeit der Autor kein einziges Wort verliert.
Ich wollte mich ihrem Protest gleich anschließen und einen erbosten Leserinnenbrief an die ZEIT schreiben, fand aber hier in Boston auf die Schnelle kein Print-Exemplar, und online fand ich den Artikel (noch?) nicht. Deshalb schreibe ich heute eine Glosse über diese Mutter-Witze (von denen ich bis dahin noch nichts wußte), damit Leserinnen in Deutschland die ZEIT mit massivem Protest bewerfen.

Liebe Leserinnen! Ich hoffe, Sie sind ihrer heiligsten feministischen Pflicht inzwischen  nachgekommen und haben die ZEIT mit derartig massivem Protest beworfen, daß man ihn fast für Pflastersteine halten könnte. Schließlich ist mit diesen "Witzen" nicht zu scherzen! Es kann nicht angehen, daß die Mütter Deutschlands, die dieses Land teils mit ihren eigenen Händen wieder aufgebaut haben, durch dieser Bürschchen Sprüche gedemütigt, der sexuellen Freizügigkeit bezichtigt, für dumm verkauft oder der überreichen Fleischumkleidung geziehen werden. Das können wir nicht dulden, sehr verehrte Leserinnen und Leserinnen. Und daß diese zutiefst sexistischen, machistischen, chauvinistischen, misogynen und diskriminierenden Sprüche, die die gesamte Frauenbewegung und alle Erfolge des Feminismus ad absurdum führen und ganze Lebenswerke großer Frauen wie Alice Schwarzern zu rauchenden Trümmern reduzieren nun auch noch
rasante Verbreitung „dank“ der neuen Medien
erfahren, schlägt der Hutschnur den Boden ins Gesicht! Ich möchte Ihnen die Perfidie dieser "Witze" an ein paar Beispielen illustrieren, die bereits durch Frau Pusch Geisselung erfuhren:
1.) Deine Mutter ist wie eine Flinte, sie wird immer von hinten geladen!
2.) Deine Mutter kackt vorn Aldi, weil aufer Tür “Drücken” steht!
3.) Deine Mutter ist so fett die benutzt ne Matratze als Tampon!
Hier wird beleglos behauptet, daß 1.) die Mutter des Geschmähten sexuelle Praktiken bevorzugt, die eine Durchführung der Beiwohnung von der Gesäßseite her vorsehen. Im schlimmsten Falle wird damit auf die in der Jugendsprache "doggy style" (aus dem Englischen: "nach Art der Hunde") genannte Sexualposition bezug genommen, bei welcher die Frau wie ein Tier "von hinten" bekoitiert wird und als wäre das nicht schon erniedrigend und demütigend genug, läßt die Formulierung im allerschlimmsten Fall gar die Implikation der Verwendung der Rektalöffnung zur Ausübung des Koitus zu, was ja bekanntlich zum Abscheulichsten gehört, das denkbar ist!! Nr. 2.) bezichtigt die geschmähte Mutter der Unfähigkeit zur Abstraktion sowie eines erklecklichen Mangels an Takt und Diskretion, indem unterstellt wird, daß die Bezeichnete die an der Discountereingangstür angebrachte Information, daß diese zum Behufe der Öffnung zu "drücken" sei, als Aufforderung zum öffentlichen und durch "drücken" ermöglichten Defäkieren mißversteht, wodurch ihr zugleich die für das Unterlassen dieser Handlung notwendige sittliche Einsicht abgesprochen wird - Empörend! Nr. 3.) schließlich artet regelrecht ins Groteske aus, indem in gargantuesk-behemothischer Übertreibung behauptet wird, der Körperumfang der Beleidigten sei von derartigen Dimensionen, die eine Verwendung einer Matratze zur Aufnahme der Monatsblutung, wofür ja eine Einführung der entspr. Vorichtung in den Körper der Menstruierenden vonnöten ist, gestatteten. Implizit ist hier natürlich, daß der erhöhte Körperumfang durch schwere Adipositas verursacht wurde, zudem wird ohne Beleg anheimgestellt, daß die Bezichtigte menstruiert (was bei vielen Müttern ja gar nicht mehr der Fall ist) und Tampons verwendet (viele Frauen bevorzugen Slipeinlagen).

Sie sehen, sehr verehrte Leserinnen und Leserinnen, daß diese "Sprüche" zutiefst beleidigend, vorurteilsbehaftet und reaktionär sind und mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln bekämpft werden müssen!
Aber woher kommt diese Unsitte? Welcher unglücklichen Entwicklung haben wir diese betroffen machende Entwicklung zu "verdanken"? Frau Pusch erklärt: 
Durch die Beleidigung der Mutter des Angesprochenen soll dieser selbst getroffen werden. Anscheinend trifft die Beleidigung der Mutter des Gegners in dieser „Kultur“ noch empfindlicher als die Beleidigung des Gegners selbst. Das ist innerhalb der Machokultur keineswegs neu. 
Nein, das ist es wahrhaftig nicht. Stellen Sie sich nur vor, wie zynisch, wie degeneriert ein Mensch sein muß, um fähig zu sein, statt seinen ggf. wehrhaften Gegenüber, mit dem er in einen Disput verwickelt ist, dessen ihm zumeist auch noch unbekannte Mutter zum Ziel seiner Beleidigungen zu machen!?? Es gibt keine Worte für das Maß an Abscheu, das ich empfinde - ich weiß nur: keine Frau würde jemals eine Mutter auch nur im "Scherz" beleidigen - ob sie nun selbst Mutter ist oder es noch wird...
Bleibt festzuhalten, daß die sittliche und soziale Degeneration der männlichen Adoleszenten einen neuen Tiefstpunkt erreicht hat! Was kommt als nächstes? Späße über Frauen als solche? Wird vielleicht irgendeine beliebige Haarfarbe als Grundlage für haltlose Denunziationen herangezogen?
Ich schäme mich für mein Geschlecht!

Liebe Frau Pusch! Ihre Mutter bewirft an Ihrem Geburtstag den Storch mit Steinen und außerdem
- raucht sie die Arschhaare von Kptn.Iglo
- hört sie ein Hu
- frisst sie im Park den Enten das Brot weg
- ist sie so fett, daß die Tiere im Zoo sie füttern
- fährt sie Dreirad bei Saw
- wurde sie schon öfter geknallt, als die Tür zum Arbeitsamt
und sie hatte schon mehr Senioren in der Kiste, als ein Bestattungsunternehmen.

Nur zu Ihrer Information!

_______

Literaturempfehlung: es gibt ein Buch zum Thema - wer's braucht ...

P.S.: Post Nr. 150! Yay!

2 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Ich bin hin- und hergerissen! Ich möchte Dir einerseits zum 150. Post gratulieren, andererseits bin ich empört ob Deiner zwischen den Zeilen mitschwingenden Ironie. Meinst Du das am Ende garnicht ernst? Kannst Du es wirklich gutheißen, daß hier Frauen, die qualvoll aus Adams Rippen gepresst wurden und selbst Generationen um Generationen aus ihren Lenden gepresst haben, derart verunglimpft werden?!?
Wenn ja, muß ich Dir leider mitteilen, daß Deine Mutter vor dem Spiegel steht und den Fehler im rechten Bild sucht... sorry!

Claudia hat gesagt…

Nachtrag:

Man hört von Monstern, niemals satt
Wie Deine Mutter eines ist:
Mit mehr Eicheln als Bambi hat
im Maul. Und Walfischbrötchen frisst.

Ob sie nun pimpert oder futtert:
Egal, Hauptsache warm im Bauch.
Jobbt als Gestank noch aufm Kutter.
Bei McDoof als Frittierfett auch -

Dreht sie sich g'rade nicht beim Döner.
Sie klaut auch gerne mal bei KIK.
- Selbst Jabba the hut ist schöner!
Deine Mutter ist sehr dick.

Kackt Obdachlosen in die Hüte,
Zu Nikolaus Dir in den Schuh.
Zieht Crack und baut sich gern 'ne Tüte
Und hört beizeiten auch ein "huh".

Deine Mutter ist 'ne Fettsau
Die ihren eig'nen Orbit hat.
Verprügelt nachts, stockfett und stockblau
Deinen Vater - macht ihn platt.

Mein Gott, Erbarmen! Mach sie satt!