Mittwoch, Januar 16, 2013

Was? Wie? Schon wieder Winter? Und wieso schneit es?

Das sind vermutlich die Fragen, die sich unsere Freunde von der Bahn in ihren gemütlichen Schalterstübchen über einem Tässchen Roibuschtee und gewickelt in warme Decken gedacht haben werden. Es kommt ja auch wirklich jedes Jahr so plötzlich und unvermittelt und wer sollte ja könnte in einem Land in der tropischen Zone nahe dem Äquator wie Deutschland es bekanntlich ist, auch damit rechnen, daß es in diesem "Winter", von dem jetzt alle reden, kalt werden und gar schneien könne? Und woher soll ein einfacher, braver Bahnero auch wissen, daß dieser sogenannte Schnee ein anderes Reibungsverhalten hat, als ...äh... kein Schnee? Muß man jetzt vielleicht den Nobelpreis in Physik bekommen haben, wenn man ein kleines, verschlafenes Verkehrsunternehmen schmeißen will? Hallo?!

Nun begab es sich aber, daß trotz aller berechtigten Einwände und Bedenken ein Schneefall im Land der Deutschen einsetzte. Und weil diese verrückten Hühner von der Bahn den Sommer mit Siesta, Amore, Tanzen, Essen und Liebe unter Lampions wie im Rausch zugebracht hatten, statt damit, ihre Stellwerke zu warten und etwas so kreuzlangweilig-reaktionäres zu tun, wie sie auch noch "winterfest" zu machen, rächten sich die Stellwerke für diese Monate der Vernachlässigung und froren zu bzw. gingen kaputt. Hui, was gab das für ein rüdes Erwachen für die müden Winterschläfer von Afbahnistan! Statt durch das Streicheln erster milder Sonnenstrahlen an den Scheiben ihrer Kabausen wurden sie durch reifbedeckte Reisendenfäuste trommelnd daran erinnert, daß das Tagewerk zu beginnen sei. Sie rieben sich den Schlaf aus den müden Augen, sahen, und stellten fest, daß kein (!) Zug mehr fuhr, daß alles stillstand, alles ruhte, alles schwieg.... bis auf die rotgebrüllten, fäusteschüttelnden Reisenden natürlich, die selbst dem anständigsten Bahnschläfer so richtig den Spaß am Verkehr(sgeschäft) vermiesen konnten. Man schickte also einen Praktikanten mit einem Feuerzeug zum Stellwerk, damit er es auftaue und vielleicht hie und da eine Schraube nachzöge oder anderen technischen Klimbim veranstalte, um den Anschein zu erwecken, man tue etwas. Die Erwachten drückten inzwischen auf die Knöpfe an ihrem Pult, deren Aufschrift schon seit Jahrzehnten abgewetzt war: "Verspätung".

Dies Bild, das uns allen Mahnmal sein soll, nahm ich auf um 8:43 Uhr (die gelben Linien unter den Ortsangaben sind die Verspätungsankündigungen, darunter keine unter 25 Minuten und eine gar "unbestimmt"). Der Zug von 06:49 Uhr war noch nicht erschienen, die Züge die jetzt fahren sollten, wurden gar nicht erst mehr angezeigt.
Der Zug von 7:38 Uhr hatte erst 55, dann 60, schließlich 70 Minuten Verspätung und er erschien um kurz vor 9. Bis der Stau vor uns eine Weiterfahrt erlaubte, genossen wir eine meditative Viertelstunde in der drangvollen Enge unseres Gefährts. Und weil man es gut mit uns meinte und die ausgefallenen Heizungen vergangener Winter an uns gut machen wollte, bewies man uns, daß sich die Bahn auf's Heizen trefflich versteht, führte sie früher, zu Dampflokzeiten schließlich noch das Berufsbild des Heizers. So kam zu Enge und Drangsal, die das Ablegen der dicken Winterkleider verbat, auch noch eine geschätzte Temparatur von 30°C hinzu.

Glücklicherweise erinnerte ich mich daran, daß die Bahn nur vorgeblich ein Verkehrsunternehmen, in Wirklichkeit aber eine Schule des Lebens ist, die die Individuen verrührt, ihre eitlen Abgrenzungen auslöscht und all diese Lernenden für eine un- oder besser von ihr bestimmte Zeit in einem Schicksalsstrang zusammenflicht. Sie lehrt uns, zu leiden, ohne zu klagen, indem sie die Erkenntnis greifbar macht, daß alle Klage nichtig ist und doch nur zu einem selbst zurückkehrt, heiß wird und bitter im Inneren und unbekömmlich. Sie lehrt uns, den Berg nicht ob seiner Höhe, das Meer nicht ob seiner Weite, den Himmel nicht ob seiner Leere anzuklagen. Was schert es Berge, Meer und Himmel und was ändert es? Es ist die stille Duldung, die uns reich macht und erhaben, die Demut, die uns abverlangt, die Bahn für immer härtere und zahlreichere Lektionen immer fürstlicher zu entlohnen. Am Ende der Lektion entsteigt man geläutert und örtlich versetzt der Stätte der Beförderung in den nunmehr erfrischenden Winter. Man hat die Grenzen von Raum und Zeit überwunden und zugleich begriffen, daß die Bahn aus der Zeit gefallen ist, weil sie es kann.

2 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Unfaßbar unverschämt. Ich leider mit Dir und bin gespannt, was mich gleich erwartet.

Aber ein klein bißchen gut war es schon, in einem... sehr abstrakten Sinne, denn sonst hättest Du dieses mich zum Lachheulen veranlassende Prachtstück nicht verfasst...

:-*

Anonym hat gesagt…

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