"Opium für's Volk" nannte Lenin die Religionen. In Wahrheit ist es schlimmer und weit weniger beruhigend, will meinen sedierend. Ich las unlängst einen interessanten Artikel, der sich mit den Ergebnissen einer Studie befasst, in der nationenübergreifend der Zusammenhang zwischen Religiosität und einer funktionalen, "gesunden" Gesellschaft untersucht wurde.
Es stellte sich heraus, daß Religiosität der Bevölkerung nicht notwendig ist, um eine funktionale, "gesunde" Gesellschaft zu erhalten. Diese Eigenschaften wurden an den jeweils vorherrschenden Mord- und Teenage-Schwangerschaftsraten festgemacht, also dem Hang zur Gewalt und dem sexuellen Verhalten. Als Maß für Religiosität wurde der persönliche Glaube an eine Gottheit und die Akzeptanz der Evolutionstheorie verwendet.
In den USA, wo die Religiosität außerordentlich hoch ist und der Fanatismus und religiöse Fundamentalismus gerade im Schwange sind, das öffentliche Leben, die Religionsfreiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaft und Bildung über den politischen Weg - durch Republikaner, die meinen, sich die Stimmen dieser Leute her"appeasen" zu müssen - in Geiselhaft zu nehmen, sind die Mordrate und Rate der Teenager-Schwangerschaften natürlich schwindelerregend hoch.
Es wird zwar kein Zusammenhang hergestellt, in dem Sinne, daß ein Religiöser zugleich eher gewalttätig wäre, aber die Behauptung einer sozialisierenden Wirkung der Religion wird endgültig widerlegt, sowie bewiesen wird, daß überwiegender Atheismus einer Bevölkerung (z.B. in Japan) eben in den friedfertigsten und sexuell gemäßigten Demokratien gefunden wird und keineswegs zur moralischen Erosion oder emotionalen Verarmung, deren Folge dann eine Dissozialisierung wäre, führt.
Der Artikel beleuchtet auch die Mechanismen, durch die Religionen, welche ich als Relikt der Vergangenheit, als es noch lebensnotwendig war die Menschen, "auf Linie" zu bringen und zu Demut, Durchhaltevermögen, Moral und Solidarität anzuhalten, beurteile, ihre "Wirkung" erzielen und zu blinder Gefolgschaft zwingen wollen. So heißt es dort: "Alle Gläubigen lernen, daß Gott sie für ihre Taten verantwortlich macht. So weit, so gut, aber viele fühlen sich durch den Glauben von allen anderen Verantwortlichkeiten entbunden. Bewußt oder unbewußt reduzieren diejenigen, die 'wiedergeboren' oder 'auserwählt' sind, ihren Respekt für andere, die ihren sektischen Glauben nicht teilen. Überzeugt davon, daß nur die Bibel die 'Wahrheit' verkünde, verlieren sie ihre intellektuelle Neugier und ihre Fähigkeit, logisch zu denken. Ihre Priorität ist nicht mehr die Welt in der sie leben, sondern sie selbst."
(Übersetzung von mir)
Dieser Absatz trifft es haargenau! Religion, vielfach verstärkt durch deren Einpeitscher (Priester, Imam etc.), entmündigt die Menschen, verdummt sie und verschleiert das noch nicht einmal! Um wie vieles einfacher und bequemer ist es, davon auszugehen, daß die Welt in 6 Tagen und alle Geschöpfe in ihrer heutigen Form gegeben wurden (nebenbei entfällt damit der die Eitelkeit beleidigende gemeinsame Vorfahre von Affe und Mensch), als sich mit der hochkomplexen, schwierigen und nicht alles erklären könnenden Evolutionstheorie (die, natrürlich unter deren Einbeziehung, jedoch schon weit über Darwins Erkenntnisse hinaus gekommen ist) abzuplagen? Wie wohlig und beruhigend ist es, für alles, was man nicht versteht, ein "tjaja, die Wege des Herrn sind unergründlich" parat zu haben, gefolgt von "der Herr wird's schon richten", statt Fragen an die Natur zu stellen und hartnäckig um Antworten zu ringen (ein Prozess, der in manchen Kreisen als "(Natur-)Wissenschaft" bekannt ist)?! Religion wird somit zur Lobotomie des Volkes, die höheren Gehirnfunktionen der Gläubigen atrophieren wegen Nichtnutzung. Die Lobotomie wurde außerdem in den 50er Jahren u.a. durchgeführt, um angebliche Perversionen des menschlichen Geistes zu kurieren, so an Homosexuellen und Kommunisten. Kommt einem bekannt vor, oder?
Im Artikel heißt es weiter: "Glaube schreckt ab vor unvoreingenommener und vorurteilsfreier Analyse. Das logische Denken verkommt zur bloßen Rationalisierung, die Annahmen und Behauptungen hinnimmt und unterstützt, statt sie in Frage zu stellen. Das Ergebnis ist ein in sich abgeschlossenes System, das eine eigene, innere Logik aufrechterhält, ganz gleichgültig, wie absurd diese Außenstehenden erscheinen muß." (Übersetzung von mir)
Genau das ist der Grund für die teilweise haarsträubende Borniertheit, die man in diesen Kreisen beobachtet. Da werden Dinge behauptet, die so völlig abwegig, idiotisch und abgedreht, ja bizarr anmuten, daß einem bisweilen der Atem stockt. Zum Beispiel, daß auch die Schwerkraft nonexistent und die weltweit beobachteten Effekte eben der Wille Gottes seien (sic!). Innherhalb ihrer hausgemachten "Logik", mit dem Notnagel-Totschlag-Argument "die Wege des Herrn sind unergründlich!", gelingt es solchen Leuten sogar, ihre absurden Behauptungen zu untermauern, was für die Mitglieder der Gemeinschaft, die sich mit nahezu paranoider Gründlichkeit von der "satanischen sekularen" Wirklichkeit und den Argumenten aus Logik und Evidenz abwenden, natürlich wieder als "Beweis" der Gültig- und Richtigkeit ihrer Ansichten gewertet werden kann.
Was mich aber wirklich ankotzt und in zunehmendem Maße besorgt, ist dieser abscheuliche Missionarseifer dieser Leute. Es reicht ihnen nicht, allein 'selig' zu sein, sie wollen unbedingt jeden zu ihrem Irrglauben bekehren und am liebsten - wenn sie einen seltenen Moment der Ehrlichkeit haben, geben sie es zu - alle, die sich weigern, totschlagen. WARUM? Das hat etwas von jenen, die im Dreck sitzen und alle anderen zu sich in den Dreck ziehen und gleichermaßen erniedrigen wollen, weil dann niemand mehr auf sie herabsehen kann. Alle, die sich dem entziehen, werden mit Dreck beworfen, diese Emporkömmlinge, die sich der vermeintlichen und bequemen All-Gewissheit entziehen und selber denken, können nicht geduldet werden (man sehe mir diese etwas räudige Adaption von Platon nach). Dies aber ist ein Verhalten, das nicht von allein entsteht, sondern auf das die Leute gedrillt werden. Der Hass auf die Ungläubigen wird ihnen litaneihaft, gnadenlos und unausweichlich eingepeitscht bis sie ihn hirnlos assimilieren und für ein Produkt des eigenen Wesens, des eigenen Glaubens halten und natürlich für den wörtlichen, direkten Willen ihrer Gottheit. So schützen die Puppenspieler ihr Konstrukt vor der Wirklichkeit, die mit unwiderlegbaren Beweisen und Fakten aufwartet und kein Argument benötigt, als sich selbst, die still und einfach um so vieles glaubwürdiger und verständlicher ist, als die Schreihälse, Eiferer und Rummelpriester, mit ihrem geifernden, geblendeten, gleichgeschalteten, "lobotomierten" Mob! Die Puppenspieler aber sind gefährlich! Sie haben politische Ambitionen und erfreuen sich (zumindest in den USA) einer wachsenden Mitgliederpopulation, deren Anwachsen auch durch die brutalsten und tyrannischsten Forderungen (z.B. Homosexuelle und Ungläubige zu steinigen) nicht gebremst wird. Sie greifen nach der Macht und wenn es ganz schlecht läuft, haben sie vielleicht Erfolg... und dann werden wieder Menschen brennen.
Der Artikel schließt mit dem allzu wahren, bitteren Fazit:
"Trotz all ihrer beschönigenden Worte: Die Religion hat wenig mehr mit sich gebracht, als Gewalt, Vorurteile und Geschlechtskrankheiten!"
(Übersetzung von mir)
Word.
1 Kommentar:
Das sich die "einfachen Leute" gerne durch leichtverständliche Erklärungen der Kirche/der Kreationisten abspeisen lassen, weil sie keine Ahnung haben (und auch keine haben wollen - Denken ist anstrengend!), ist zwar besorgniserregend und traurig. Aber das auch "Wissenschaftler" mit akademischer Ausbildung und gar einer Professur solchen Humbug ("intelligentes Fallen") glauben und lehren (!) ist unfassbar. Wenn dann auch noch die Studenten nicht selber denken, sondern dem guten Professor (hier Märchenonkel) glauben, dann gute Nacht...
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