Freitag, August 03, 2007

Lieber Wolfgang! - Ich schreibe Schäuble einen Brief...

und schicke ihm ein Grundgesetz, wozu ich ja kürzlich aufgerufen hatte.
Hier ist der Brief, den ich mit ins Paket gesteckt habe:

Lieber Wolfgang,

angesichts Deiner Äußerungen in letzter Zeit und Deiner Ideen für die Verbesserung der Kontrollierbarkeit Sicherheit der deutschen Bürger, mußte ich zu dem Schluß gelangen, daß Du Dein Grundgesetz verlegt oder irgendwo verbaselt hast. Da dieser Text, laut Deines Parteikumpanen Lammert, zwar „nicht populär, jedoch bedeutend“ ist und Du Dich und Dein Amt bestimmt ebenfalls für ausgesprochen bedeutend hältst, wäre es sicher wünschenswert, wenn Du das Büchlein zur Hand hättest und darin nachschlagen könntest, bevor Du wieder so komische Sachen vorschlägst und den Verdächtigen den Bürgern damit Angst einjagst.

Deshalb schenke ich Dir, lieber Wolfgang, ein neues Grundgesetz und das, obwohl (aber auch weil) Du mich gegebenenfalls bespitzeln, meinen Computer durchsuchen, mich im Urlaubsflieger abschießen, foltern und, wenn Du meinst, daß ich ein Terrorist bin, für immer einsperren oder vielleicht besser gleich erschießen lassen möchtest. Das Büchlein ist nicht groß, es paßt prima in Deine Tasche und ist auch nicht sehr dick, nicht viel zu lesen, es sind also nicht viele Rechte drin und es wäre nett, wenn Du uns die paar, die drin stehen, lassen würdest.

Ich habe Dir zur Sicherheit und damit Du im Eifer Deiner Bemühungen um den Sicherheitsterror den Generalverdacht den Polizeistaat die Sicherheit der Bürger nicht den Überblick verlierst, ein paar wichtige Stellen gelb markiert. Einige davon sind:

Art. I (1): Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Das scheint eine wichtige Sache zu sein, weil sie direkt am Anfang steht. Ist Dir aufgefallen, daß sich ein Generalverdacht gegen jedermann damit irgendwie nicht ganz vereinbaren läßt? Meinst Du, Du kommst Deiner Verpflichtung, meine Würde zu schützen und zu achten, damit nach, daß Du mir vorzugaukeln versuchst, daß Sicherheit wichtiger, sei als Freiheit (mal abgesehen davon, daß man keine Sicherheit braucht, wenn man die Freiheit nicht mehr hat)?

Art. II (2): Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Wohl auch nicht ganz unwichtig. Leider würde dieser Artikel der staatlich durchgeführten Ermordung von unliebsamen terrorverdächtigen Menschen nicht ganz stattgeben, habe ich den Eindruck – ich weiß, Gesetze kann man ändern, wirst Du sagen, aber sei nicht enttäuscht, wenn, nachdem Du das versucht haben wirst, ein Verein namens „Bundesverfassungsgericht“ wieder mal (Du kennst das ja schon) zur Auffassung gelangt, daß Deine Idee doch nicht so gut war.

Falls Du Dich jetzt fragst, ob dieser lästige Art.II (2) auch bedeutet, daß man nicht mal mehr foltern Gespräche unter verschärften Bedingungen führen darf, dann, lieber Wolfgang, hast Du in der Tat ganz recht. Und wenn ich Dir jetzt noch sage, daß dieses obskure „Bundesverfassungsgericht“ ausgerechnet Art.II (übrigens in Verbindung mit Art. I (1), den kennst Du ja schon) als Ausgangspunkt für die Anerkennung der „informationellen Selbstbestimmung“ als Grundrecht angeführt hast, wirst Du sicher zu dem Schluß gelangen, daß dieser Artikel II weg muß, nicht wahr?

Art. V (1): Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

Dumme Sache oder? Hättest Du das gewußt, bevor Du bestimmten „verdächtigen“ Leuten die Nutzung von Mobiltelephonen und dem Internet (das ist so ein Art elektronischer Verbund von Rechnernetzwerken, mit dem Ziel, Verbindungen zwischen einzelnen Computern herzustellen; das benutzen aber eher die jungen Leute und natürlich Terroristen, ist aber ganz nützlich, mußt Du mal ausprobieren) verbieten wolltest, hättest Du das sicher nicht vorgeschlagen, oder? Oder doch?

So, das waren schon mal die wichtigsten Stellen, aber generell ist das Grundgesetz keine so verkehrte Sache, auch, wenn Du es als „Gefährdung der Sicherheit“ und nicht mehr „aktuell“ ansehen solltest und ich und viele andere wären Dir dankbar, wenn Du es im Großen und Ganzen so lassen würdest. Es gibt darin viel zu entdecken und es hat sich eigentlich bislang bewährt.

Eines noch: es tut mir leid, daß damals Herr Kaufmann auf Dich geschossen hat und Du jetzt deswegen im Rollstuhl sitzt. Das ist eine schlimme Sache und weil Herr Kaufmann, wegen seines pathologischen Verfolgungswahns einige Deiner Grundrechte verletzt hat, ist er zurecht dafür bestraft worden. Ich fürchte aber, daß Du das Trauma, das Du damals erlitten hast, nie überwunden hast und jetzt ein falsches Bild von uns Bürgern hast. Du hältst uns alle für potentielle Straftäter und mißachtest damit Art. VI (2) der Menschenrechtskonvention. Erkennst Du die perfide Parallele? Herr Kaufmann hat Dir seinen Verfolgungswahn weitergegeben und nun bist Du drauf und dran, deswegen unsere Grundrechte zu verletzen, so wie er es mit Deinen getan hat.

Deshalb werde ich mein durch Art.20 (4) garantiertes Recht auf Widerstand gegen Dich bis zum Letzten (also bis Du es abschaffst, oder ich einen „Unfall“ habe) auskosten.

Viel Spaß beim Lesen des Grundgesetzes wünscht Dir

Dein Anonymus

(meinen richtigen Namen kann ich Dir nicht nennen, weil ich fürchte, daß sonst der BND ein Gespräch unter verschärften Bedingungen mit mir führen könnte)

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Als Absacker habe ich hier noch einen Auftritt von Schäuble bei Polylux. Viel Spaß!

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