Montag, Juli 09, 2007

Armes Hessen, armes Deutschland

Der Kampf geht weiter und der Vormarsch der religiösen Fundamentalisten, die nach US-amerikanischem Vorbild die Verdummung und wissenschaftliche Unbildung der nachwachsenden Generationen in den Schulen beginnen wollen, wird in Hessen nicht nur nicht verhindert, sondern offen begrüßt.
Nach dem arte-Bericht mußte ich ja zu meinem grenzenlosen Entsetzen feststellen, daß die Kreationisten in Deutschland schon angekommen sind und in deutschen Schulen bereits deren Irrlehren in Biologie verbreitet werden (dürfen).
Frau Wolff, die unfaßbarerweise Kultusministerin ist, leistet dieser Gefahr der intellektuellen Entmündigung auch vollherzig Vorschub, indem sie
"eine neue Gemeinsamkeit von Naturwissenschaften und Religion"
fordert, sowie,
daß die Schöpfungsgeschichte auch im Biologieunterricht zu behandeln
sei. Für ihr voraufklärerisches Gefasel hat sie zum Glück auch bereits von mehreren Seiten satte Prügel bezogen unter anderem leistet auch die Humanistische Union Hessen heftig Widerstand gegen Wolffs Vorstoss. Schließlich ließ sich sogar der feine Herr Koch dazu herab, abzuwiegeln und Frau Wolff in Schutz zu nehmen. Die taz spielt das ganze sogar wieder etwas herunter, vermutet, daß nach der großen Medienaufmerksamkeit sich ohnehin niemand mehr traut, offen zu den Kreationisten zu stehen.
Das Problem ist aber anderer Natur: jedes auch minimale Vorrücken der Kreationisten muß a priori, entschlossen und gemeinschaftlich von Wissenschaft UND Politik verhindert werden, unter anderem auch in Form einer geeigneten Wortwahl. Hierin liegt eine Gefahr, der Wolff erlegen ist, wie der Biologe U. Kutschera erläutert:
Die Ministerin benutzt die Sprache der Kreationisten und fällt auf deren Tricks herein, Wolff spricht von einer Evolutions- und einer Schöpfungstheorie. Aber diese Wortwahl ist ein Taschenspielertrick der Kreationisten, denn es gibt einerseits die Schöpfungsmythen und andererseits eine Evolutionsbiologie.
Wolff sagte ferner, daß
"Erklärungsmuster der Theorie der naturwissenschaftlichen Erkenntnis nicht widersprechen"
und daß es
erstaunliche Parallelen
zwischen Mythos (Schöpfung) und Realität (Evolution) gebe . Natürlich ist Frau Wolff als ausgerechnet ehemalige Religionslehrerin denkbar ungeeignet und unfähig, sich überhaupt qualifiziert zu irgendetwas, geschweige denn naturwissenschaftlichen Themen zu äußern und hätte sich mal lieber an Wittgensteins:
Wovon man nicht sprechen kann, davon muß man schweigen
gehalten, das Dieter Nuhr modern formulierte als:
Wenn man keine Ahnung hat, einfach auch mal Fresse halten.
Dies ist Frau Wolff dringlichst zu empfehlen aber auch darüber hinaus ist noch zu bemerken, daß der Schöpfungsmumpitz in den naturwissenschaftlichen Fächern nichts verloren hat, aus dem gleichen Grund, aus dem man auch nicht den Werwolf-Mythos beim Thema Säugetiere mitbehandelt oder versucht, Feenwesen taxonomisch einzuordnen. Nur weil in einem drittklassisgen Märchenbuch eine "alternative" und vor allem vollkommen unwissenschaftliche Auffassung über die Entstehung des Lebens verbreitet und von ein paar intellektuell und rational Schwachbrüstigen für wahr gehalten wird, ist das doch bitteschön keine Berechtigung, Lehrzeit darauf zu verschwenden und Schüler damit zu behelligen.
Noch mal zum Mitschreiben, Frollein Wolff: "Kreationismus" ist keine Wissenschaft, sondern ein Produkt der fundamentalistischen Religion! Es ist keine Alternative und es gibt auch keine wissenschaftliche Kontroverse darüber! Daß die moderne Biologie noch nicht alle Phänomene des Lebens erklären kann, ist absolut kein Grund, auf Schamanismus, (Aber)glaube und Metaphysik zurückzugreifen, sondern vielmehr Anlaß dazu, mehr fähige und nicht schon in Schulzeiten verseuchte Wissenschaftler auszubilden, die mit den Methoden der Wissenschaft die Lücken schließen!!!!
Deswegen darf man es sich auch nicht gestatten, über Frau Wolffs Bemerkungen lächelnd hinwegzusehen, denn so "harmlos" sie auf den ersten Blick erscheinen mögen, sind sie doch eine erste Handreichung, eine erste Geste des Willkommens für die Kreationisten. Denn wer kontrolliert, wenn dieser Schwachsinn - und sei es zunächst als unwissenschaftlicher Mythos - ersteinmal Einzug in naturwissenschaftliche Klassenzimmer gehalten hat, wie strikt dann noch eine scharfe Abgrenzung zur Wissenschaft dessen vermittelt wird? Sicher nicht Frau Wolff. Nein, dieser Mythos ist wie ein Krankheitserreger, dem Kinder nicht ausgesetzt werden dürfen!

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